ewb: Stopp Flüssiggas!

ewb: Stopp Flüssiggas!

Bericht der Demonstration

Heute Donnerstag (27.4) versammelten sich gegen 100 Personen, um von Energie Wasser Bern (ewb) eine klare Positionierung gegen neue Gasinfrastruktur einzufordern.

Der Gasverbund Mittelland (GVM) plant, ein Flüssiggas-Terminal und einen Gasspeicher zu bauen. ewb ist Aktionärin des GVM und steht somit in der Verantwortung. Erdgas ist ein fossiler Energieträger und heizt die Klimakrise an.

Die Kundgebung bewegte sich vom Hirschengraben zum Hauptsitz von ewb. Dieser wurde von zwei dutzend Polizist*innen umstellt. «Klima schützen ist kein Verbrechen», hallte es als Reaktion vonseiten der Demoteilnehmer*innen entgegen.

Trotz des absurden Polizeiaufgebots nahm die Demo Raum ein. Die Forderungen wurden mit Kreide auf den Boden gemalt, weitere Reden gehalten und Parolen gerufen. Denn sauberes Gas ist eine dreckige Lüge.

Die Behauptung von ewb, die geplante Gasinfrastruktur sei ökologisch, ist nur eins: Greenwashing! Der Klimastreik Bern wird weiterhin Druck machen, bis die ewb-Spitze sich gegen die Gasprojekte positioniert.

Wie geht’s weiter? Am nächsten Donnerstag (4.5) gibt es um 19 Uhr ein offenes Kampagnen-Treffen. Das Treffen findet beim «Dazwischen» in der Mattenhofstrasse 5, 3007 Bern im grossen Sitzungszimmer im Parterre statt (Wegweiser vorhanden).

Fotos: FLICKR-Ordner
Medienmitteilung: bern.climatestrike.ch/spontankundgebung-des-klimastreik-ewb-positionier-dich

Reden

Rede Klimastreik Bern – Teil 1
Wer von euch kennt das grüne Erdgas-Biogas-Blatt? Einmal Hand hoch.
Wenn wir im Alltag ein bisschen drauf achten, begegnet uns dieses Symbol eigentlich jeden Tag. Und es erzählt uns: Gas ist sauber, Gas ist grün, Gas ist die Zukunft.
Was Gas wirklich ist? Kaum mehr als eine dreckige Lüge mit jeder Menge Greenwashing!

Zum sogenannten erneuerbaren Gas kommen wir später noch. Schauen wir uns zuerst einmal an, was das grüne Erdgasblatt uns nicht sagt:

Ja, bei der Verbrennung von Erdgas selbst wird weniger CO2 freigesetzt, als bei Öl oder Kohle. Aber: Betrachten wir den ganzen Lebenszyklus, ist Gas weit davon entfernt, ein grüner Energieträger zu sein.
Häufig wird es durch Fracking gefördert und verseucht so den Boden.
Bei der Förderung und dem Transport durch Pipelines entweicht Methan – und das ist massiv viel klimaschädlicher als CO2.
Um das Gas in Flüssiggas umzuwandeln, braucht es mega viel Energie.
Und zu guter Letzt: Auch die Verbrennung setzt verdammt noch mal zu viel Emissionen frei, als dass wir uns das inmitten der eskalierenden Klimakrise leisten könnten.

Und damit nicht genug:
Auch aus antikolonialer Perspektive ist Erdgas eine Katastrophe. Um es fördern zu können, werden häufig indigene Menschen “umgesiedelt”, heisst im Klartext vertrieben. Oder aber die Arbeiten rund um die Förderung zerstören ihre Lebensgrundlage, wie Fischfang oder Landwirtschaft.
Der Widerstand indigener Menschen oder anderer lokaler Bevölkerungsgruppen erfährt häufig heftigste Repressionen. Denn: Die fossilen Konzerne werden vom Militär gedeckt – ihr Auftauchen verstärkt die Militarisierung meist enorm.
Auf die Zusammenhänge zur Verschuldung von Ländern des globalen Südens wird Timo in seiner Rede noch detailliert eingehen.

Zusammengefasst bedeutet das: Dass Erdgas überhaupt so ein positives Image hat, liegt daran, dass es von der Erdgaslobby seit Jahren grüngewaschen wird. Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge!

Rede Klimastreik Bern – Teil 2
Wir haben vorhin gehört, warum Erdgas absolut keinen Platz mehr in unserer Energieversorgung hat. Die Geschäftsleitung von ewb hat in der Antwort auf unseren offenen Brief aber behauptet, es würde gar nicht um Erdgas gehen, sondern das neue Terminal werde “ausschliesslich für erneuerbares Gas genutzt”.
Klingt doch gut, oder nicht?
Kurz zum Einstieg, unter erneuerbares Gas fällt Biogas, Wasserstoff und synthetisches, also künstlich hergestelltes Gas. Und all diese angeblich rettenden Technologien bergen grosse Probleme:
Der Anteil von Biogas am Gas-Gesamtverbrauch liegt bis jetzt im einstelligen Prozentbereich. Und dass sich das in den nächsten Jahren wirklich verändern wird, ist mehr als fragwürdig. Das Biogas-Potenzial reicht in der Schweiz, wie auch in ganz Europa hinten und vorne nicht, um die aktuell verbrauchten Mengen Erdgas zu ersetzen. Und selbst von diesem Potenzial, was nie und nimmer reicht, sind wir momentan meilenweit entfernt.
Ähnlich sieht es beim synthetischen Gas aus: Die Entwicklung ist noch gar nicht weit genug, als dass das sinnvoll genutzt werden könnte. Und Expert*innen zufolge sorgt der grosse Energieverlust bei der Herstellung von synthetischem Gas dafür, dass es nur sehr sehr wenige Anwendungsbereiche gibt, wo es Sinn ergibt, auf dieses Gas zurückzugreifen.

Fossiles Gas auch nur annähernd komplett durch erneuerbares ersetzen zu wollen, ist zum aktuellen Zeitpunkt weder möglich, noch sinnvoll. Und wir müssen uns vor Augen führen: Wir reden nicht darüber, Gas durch Gas zu ersetzen, weil es der logische Ausweg aus der aktuellen Situation ist. Wir reden darüber, weil die Gasindustrie viel viel Geld zu verlieren hat, wenn wir dem Gas den Rücken kehren.
Die Behauptung, erneuerbares Gas sei die Zukunft und die Antwort auf all unsere Probleme, ist Greenwashing. Die Gaslobby hat es sich ausgedacht und der Gasverbund Mittelland und die ewb-Spitze machen munter mit, um die Profite der Gasindustrie zu sichern.
ewbs Aussage, das Terminal werde ausschliesslich für erneuerbares Gas gebaut, ist Greenwashing. Weil dieses erneuerbare Gas schlichtweg nicht in solchen Mengen vorhanden ist, dass es dafür ein neues Terminal bräuchte. Das Terminal wird für Erdgas gebaut.

Wir müssen weg vom Gas, wir brauchen andere Lösungen, solidarische Lösungen. Der Energieverbrauch muss runter, und zwar nicht, indem wir alle im Winter nicht mehr heizen und brav den Deckel auf den Kochtopf tun. Sondern er muss dort gesenkt werden, wo er nicht uns allen, sondern dem Profit ein paar Weniger dient.
Wir kämpfen für eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, damit der Energieverbrauch sozial gerecht sinkt und unser aller Leben ein bisschen schöner wird.
Wir kämpfen für gemeinschaftliche, demokratische Entscheidungen darüber, wofür wir die knappe Energie als Gesellschaft einsetzen wollen, damit diese Abwägung nicht mehr vom Geld abhängt.
Wir kämpfen gegen Gas. Weil sauberes Gas eine dreckige Lüge ist: Brechen wir die fossile Welle!

Rede Debt for Climate
Liebe Menschen
Wieso sind wir heute hier? Der Gasverbund Mittelland plant ein neues Flüssiggasterminal und einen neuen Gasspeicher zu bauen. Die EWB besitzt 10% der Aktienanteile des Gasverbunds und stellt zwei Verwaltungsräte. Der GVM schreibt, dass die neun Gasspeicher notwendig seien, um die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu decken. Eine Notwendigkeit für den Ausbau neuer fossiler Infrastruktur, wie sie der Bund anfangs dieses Jahres in die Wege geleitet hat, besteht aber nicht.

Denn, wie die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in einer aktuellen Studie gezeigt haben, ist die Möglichkeit, neue Gasinfrastruktur hinzustellen, bloss einer von fünf Wegen, um eine Strommangellage im Falle eines absoluten Worst Case Szenario zu verhindern. Grade so gut wäre auch möglich, 5% des Winterstrombedarfs einzusparen ODER die Effizienzpotentiale mittelfristig auszuschöpfen ODER die Erneuerbaren rascher auszubauen oder mehr erneuerbare Energie aus dem Ausland zu importieren. Das der Bund schliesslich den Ausbau von Gaskraftwerken pusht, welche den Bau des Gasspeichers über den wir heute reden mit sich zieht, uns 1.4 Milliarden Franken kostet und die Schweiz langfristig von fossilen abhängig macht, ist ein absoluter Skandal.

Knapp 14% des Endenergieverbrauchs der Schweiz werden durch Erdgas bereitgestellt – der Energieträger steht damit an dritter Stelle hinter Erdöl und Wasserkraft. Die Schweiz selbst, hat aber abgesehen von zwei kleinen Bohrversuchen vor einigen Jahren, selbst nie Erdgas aus dem Boden geholt. Das bedeutet, dass sämtliches Erdgas heute importiert wird. Der Ländermix, der Gasimporte der EU, deckt sich damit ziemlich gut auch mit jenem der Schweiz. Und weil die EU – und allen voran unsere Nachbarn Italien, Deutschland, Frankreich, von denen wir das Gas hauptsächlich beziehen – mit dem Einfall Russlands in die Ukraine immer mehr des eigenen Gases in Form von sogenanntem Flüssigerdgas, das aus Südamerikanischen und Afrikanischen Ländern mit riesigen Tankern an die Küsten verschifft wird, importiert, tut das automatisch auch die Schweiz, wenn sie Gas aus der EU bezieht. Es ist also ganz egal, ob der GVM beim selbstgeplanten Flüssiggasterminal auf nachhaltiges oder fossiles Gas setzt, mit dem Bau des Gasspeichers ermöglicht er auf jeden Fall, dass die Schweiz noch mehr Rohstoffe importieren kann, an denen Blut klebt.

Über das vergangene Jahr sahen wir auf der ganzen Welt einen massiven Ausbau der Gasindustrie. Das beinhaltet auch den Zuwachs in der Förderung einer bestimmte Art des Erdgases, sog. Schiefererdgas, und die zu dessen Abbau benötigte Methode des Frackings. Wie bereits erwähnt, importiert die EU, und damit die Schweiz immer mehr Flüssiggas. Der Zuwachs der Produktion des Erdgases, und damit des Frackings spielt sich hauptsächlich ausserhalb von Europa ab. Neben den USA sind das – wie auch schon erwähnt – hauptsächlich afrikanische und südamerikanische Länder, Länder wie Nigeria, Algerien, Kamerun, Brasilien, Peru ODER Argentinien, das im Gestein der Vaca Muerta-Formation einen der grössten Schiefergas- und Erdölspeicher der Welt beherbergt. Seit die argentinische Regierung die Felder 2011 öffnete, sind die grossen Konzerne der europäisch- amerikanischen Fracking Industrie in die Region gekommen. Mit ihren Praktiken zerstört die Fracking-Industrie die lokalen Lebensräume für Mensch, Natur und Pflanze. Es wurden riesige Sammelbecken ausgehoben, die die giftigen Chemikalien, die beim Fracking zum Einsatz kommen, speichern sollen. Diese Becken sind mittlerweile so gross, dass sie sogar aus dem Weltall als schwarze Punkte zu erkennen sind. Natürlich haben sich Total, ExxonMobile, Wintershall und wie sie alle heissen, nicht an die Umweltauflagen gehalten, haben die Becken nicht wie verlangt abgedichtet. Im folgenden sind die Chemikalien versickert, ins Grund- und damit Trinkwasser der nahegelegenen Gemeinden gelangt und haben Menschen vergiftet. Schliesslich wurden Indigene bestohlen und vertrieben UND UmweltaktivistInnen wurden eingeschüchtert und ermordet.

Solch gefraktes Gas kommt auch nach Basel. Es ist Gas, an dem gleich dem nigerianischen Öl, das in Créssier im Kanton Neuenburg raffiniert wird, also Blut klebt. Gas, das durch die Methanverluste beim Frackingvorgang dreckiger ist als Kohle und Öl. Gas, das vorgibt sauber zu sein, aber in Wahrheit nichts weiter als eine dreckige Lüge ist. Und Gas, das erst durch den geplante Gasspeicher, gegen den wir heute gemeinsam hier vor der EWB Widerstand leisten, jene Speicherkapazitäten erhält, um es in grossem Umfang ins Schweizer Netz einzuspeisen. Wenn wir also hier heute Widerstand leisten gegen den Bau dieser neunen fossilen Infrastruktur, als Klimastreik, als Umweltbewegung, als bewegte Menschen dieser Stadt, dieses Landes, dann tun wir dies für eine lebenswerte Zukunft für uns selbst, aber vor allem auch für eine lebenswerte Gegenwart für die Menschen, die heute für unsere Versorgung enteignet, beraubt, vertrieben, vergiftet und getötet werden.

Nun, wir haben uns bisher die Schauplätze am Anfang und am Ende der Gaslieferkette angeschaut, haben gehört, dass der GVM hier in der Schweiz einen Speicher für Gas bauen will, den es für die Sicherstellung unserer Versorgung gar nicht braucht, und haben die Verbrechen anerkannt, die in Argentinien zur Gewinnung dieses Gases begangen werden.
Ein entscheidender Schauplatz fehlt aber noch. Jener Schauplatz, der die Abbauorte im Globalen Süden mit den Terminals bei uns verbindet. Ein Schauplatz, der eigentlich gar kein “Schau”platz ist, denn im Moment, schaut niemand hin. Es geht um die Rohstoffhändler und Banken, die von Genf, Zug, Zürich aus, die Ausbeutung armer Länder organisieren. Es sind Banken wie die Credit Suisse, die UBS und Pictet, die das Geld für Frackingbohrer zur Verfügung stellen. Und es sind in der Schweiz ansässige Rohstoffhändler, wie Cargill, Vitol und Glencore, die den ausbeuterischen Abbauunternehmen, die Kundschaft, wie den GVM, organisieren. und obwohl der Finanzplatz und der Rohstoffhandel zusammen heute fast 16% des Bruttoinlandsprodukts der Schweiz ausmachen, werden sie nicht richtig reguliert. Besonders die Rohstoffhändler können weitgehend schalten und walten, wie sie wollen. Mittlerweile handelt Glencore nicht nur mit Rohstoffen, sondern betreibt eigene Mienen und Tagebauten und ist unmittelbar in Menschenrechtsverbrechen und Ökozide in den Abbauländern involviert.

Wenn wir bedenken, dass ein Grossteil des globalen Rohstoffhandels über Genf läuft, dann haben wir mit hier, neben der Bekämpfung fossiler Infrastruktur bei uns, einen weiteren, vielleicht sogar noch grösseren Hebel gefunden, mit dem wir koloniale Gewalt angehen und die fossile Welle brechen können. Die Regulierung der Rohstoffhändler und Banken, die Schaffung von rechtlichen Möglichkeiten, um sie für ihre Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen, sollten die zentralen Themen unseres Kampfes, hier in der Schweiz, für eine gerechte und bewohnbare Welt sein. In diesem Sinne: Act local but think global. Vielen Dank.