Offener Brief an ewb​

Offener Brief an ewb​

Der Klimastreik Bern hat am Morgen des 04.04.2023 einen offenen Brief an Energie Wasser Bern (ewb) übergeben. ewb ist Aktionärin des Gasverbund Mittelland, der gerade in Schweizerhalle (BL) ein nagelneues Flüssiggas-Terminal, einen Gasspeicher und unter Umständen sogar ein “Reservekraftwerk“ plant. Im offenen Brief fordert der Klimastreik ewb auf, sich gegen diese Pläne einzusetzen. Nachfolgend ist der Brief im Wortlaut festgehalten.

Sehr geehrte Geschäftsleitung, sehr geehrter Verwaltungsrat von ewb

Der Gasverbund Mittelland (GVM) prüft gegenwärtig, ob er ein Flüssiggas-Terminal und einen Gasspeicher in Schweizerhalle, Basel-Land, errichten will. ewb besitzt 10 % Aktienanteile beim GVM, hat zwei Mitglieder im Verwaltungsrat des GVM und trägt somit eine hohe Verantwortung. Wir als Klimastreik Bern stellen uns entschieden gegen den Bau eines Flüssiggas-Terminals und fordern auch von ewb eine klare Positionierung gegen das Vorhaben des GVM.

Die Auswirkungen der Klimakrise werden immer deutlicher sichtbar, ob an schmelzenden Gletschern in der Schweiz, Überflutungen in Pakistan oder neuen, weltweiten Hitzerekorden. Der letzte Bericht des Weltklimarats macht deutlich: Wenn wir uns nicht komplett von der 1,5-Grad-Grenze verabschieden wollen, müssen wir dringend aus den fossilen Energieträgern aussteigen. Im Jahr 2023 noch neue fossile Infrastruktur errichten zu wollen, ist absurd. Die Zeit von Kohle, Öl und Gas ist längst vorbei.

Der Ausbau fossiler Energien ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen, insbesondere im Globalen Süden, für die jedes weitere Zehntelgrad Erderhitzung eine Zunahme von Leid und Todesfällen bedeuten kann. Erdgas enthält Methan, welches kurzfristig 80-mal schädlicher ist als CO2. Die Förderung von Erdgas bedeutet Ausbeutung von lokalen Ressourcen und Zerstörung von Ökosystemen.

Nicht nur die Auswirkungen von Erdgas auf die Klimakrise, sondern auch die lokale Erdgasförderung betrifft den Globalen Süden am stärksten. Erdgasvorkommen befinden sich meist auf indigenem Land. Indigene werden im Interesse der fossilen Konzerne “umgesiedelt”, bzw. vertrieben. Werden sie nicht vertrieben, wird durch die Arbeiten rund um die Förderung häufig ihre Lebensgrundlage, wie Landwirtschaft oder Fischfang, zerstört. Somit verstärkt die Förderung von Erdgas neokoloniale Strukturen.

Der vom GVM geplante Bau – an dessen Planung ewb mitverantwortlich wäre – ergibt weder aus sozialer noch aus ökologischer oder ökonomischer Sicht Sinn. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der ZHAW hat gezeigt, dass es bessere Möglichkeiten gibt, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Alternativen zu fossilen Energieträgern stehen bereit und müssten rasch und im grossen Stil ausgebaut werden. Und damit meinen wir nicht etwa Biogas oder synthetisches Methan, welche in grossen Mengen gar nicht vorhanden sind, sondern Wind- und Sonnenenergie.

Der GVM behauptet, ab 2030 Flüssiggas in Form von Biogas und synthetischem Gas zu importieren. Auch wenn dieser Umstieg gelingen würde, bedeutete dies, dass trotzdem noch jahrelang klimaschädliches Erdgas eingespeist werden müsste. Momentan ist der Anteil von Biogas im Schweizer Gasnetz minim. Zudem wäre eine Umstellung auf Biogas grösstenteils abhängig von riesigen umweltschädlichen Anbauflächen aus Monokulturen. Synthetisches Gas ist höchst energieineffizient und bedingt einen grossen Ausbau der erneuerbaren Energien, welche auch direkt für die Energieproduktion im Winter eingesetzt werden könnten.

Wir, die uns für eine lebenswerte Welt einsetzen, fordern Sie dringlichst dazu auf, von Ihren Plänen zum Bau eines Flüssiggas-Terminals und eines Gasspeichers abzusehen. Wir erwarten von Ihnen eine öffentliche Positionierung gegen das Vorhaben des GVM bis am Abend des 24.04.2023. Wenn Sie unseren Forderungen bis dann nicht nachkommen, sind wir als Klimabewegung zu weiteren Schritten bereit, um den Bau des Flüssiggas-Terminals und Gasspeichers zu verhindern.

Freundliche Grüsse
Klimastreik Bern